Kapitel 1: Countdown zur Bestzeit (Seite 48-51)

Countdown der Start

Samstag, 1 Woche:

Gruppe 4: 35 km extensiver Dauerlauf mit 3 km Endbeschleunigung, Puls 65-85% vom HP
Gruppe 5: 35 km extensiver Dauerlauf mit 3 km Endbeschleunigung, Puls 65-85% vom HP
Gruppe 6: 35 km extensiver Dauerlauf mit 3 km Endbeschleunigung, Puls 65-85% vom HP
Gruppe 7: 35 km extensiver Dauerlauf mit 3 km Endbeschleunigung, Puls 65-85% vom HP

Tempo: 45-60 sec langsamer als das geplante Marathonrenntempo. Versuch während der Endbeschleunigung, so gut es geht, in die Nähe deines Marathonrenntempos zu kommen.

Achtung: Diese Art des langen Trainings mit Endbeschleunigung ist sehr stark formgebend. Wende es nicht an, wenn du weiter als sieben Wochen vom Wettkampf entfernt bist. Sonst kann es sein, dass deine Form zu früh kommt und du am Renntag schlaff wie ein nasses Schnürband bist.

Jetzt fängt der Spaß eigentlich erst richtig an. Du startest ganz ruhig und entspannt zu deiner großen Runde, die jetzt eine ganz andere Psychologie bekommt. Du nährst dich mit jedem Kilometer nicht einem Ziel, nach dem du "abschlaffen" kannst, sondern läufst auf einem großen Teil der Strecke einem Punkt entgegen, bei dem es erst richtig losgeht. Stelle dich darauf ein, dass das alles andere als einfach sein wird. Sicher wird dieses Verfahren nicht zu deinen alltäglichen Übungen gehören, denn fast alle Trainingseinheiten laufen anders ab. Du musst während der ersten 32 km deine Spannung erhalten, um dann 3 km vor dem Ziel loszulegen. Wenn du allein läufst, stell dir vor, du hast Holger neben dir und dem willst du am Schluss weglaufen. Du rennst auf den letzten 3 km mit aller Kraft, indem du versuchst, dich deinem geplanten Marathonrenntempo zu nähern. Wenn du bis auf 5 bis 10 sec/km herankommst, bist du schon gut. Läufst du in einer Gruppe, dann wird vorher festgelegt, dass diese Gruppe bis zum Endbeschleunigungspunkt zusammenbleibt und danach sucht jeder für sich allein sein Tempo.

Aus der Praxis:

Ich habe sehr viel Erfahrung mit dem Gruppentraining auf der langen Runde, nicht allein hier bei uns in den Harzbergen, sondern auch in unseren Trainingsurlauben in der Türkei oder in Spanien. Dort stehen natürlich auch jede Woche die 35 km auf dem Plan. In jedem unserer Trainingslager ist diese Distanz ein Streitpunkt. Wir laufen meist in fünf unterschiedlichen Leistungsgruppen, wobei die Langsamsten zuerst loslaufen und die Schnellsten zuletzt. Es geht immer ein Gehacke los, wer in welcher Gruppe läuft. Die Ehrgeizigen wollen in eine für sie zu schnelle Gruppe und die Vorsichtigen immer in eine ganz langsame, zu der sie aber nicht passen. Da ich ja niemanden zwingen kann, in einer bestimmten Gruppe zu laufen, gibt es immer wieder Theater innerhalb der Gruppen, weil die leistungsmäßig nicht passenden Gruppenmitglieder das Tempo immer wieder kaputtmachen, indem sie entweder zu schnell oder zu langsam laufen.

Ausgemacht wird vorher, dass die einzelnen Leistungsgruppen bis km 25 zusammenbleiben sollten. Danach kann dann jeder sein Tempo selbst suchen. Meist klappt es bei den langsamen Gruppen schlecht, bei den leistungsstarken Gruppen 1 und 2 aber sehr gut. Und dann geht bei km 25 die Post ab, dass es eine wahre Freude ist. Auf diesen letzten 10 km wurden noch Leistungsdifferenzen von mehr als 5 min herausgelaufen. Dieses Teilstück bis hin zum Ziel ist praktisch Wettkampf. Ich habe immer wieder versucht die Akteure zu bremsen, aber das ist relativ sinnlos, denn jeder will dem anderen die Harke zeigen. Da aber alle, ob langsam oder schnell, nach diesem Trainingsurlaub eine erhebliche Leistungssteigerung zeigen, kann es nicht falsch sein, sich am Ende das gespaltene Ding noch einmal richtig aufzureißen.

Tipp: Vorsichtshalber wiederhole ich es noch einmal: Eine Endbeschleunigung kannst du nur anwenden, wenn du schon vor Beginn dieser acht Wochen problemlos die 35 km laufen konntest. Ist das nicht der Fall, lässt du sie ausfallen!

Klar ist, dass die 35 km die wichtigste Einheit in diesem Training ist. Wir haben im Laufe der Jahre lernen müssen, dass es nicht genügt, wie im Ur-Countdown nur eine gewisse Zeit, z.B. 3h zu laufen, sondern es müssen minimal wirklich 35 km sein und das auch bei weniger gut trainierten. Diese laufen dann durchaus manchmal 6:30-min/km-Tempo und kommen damit in 3 h nur gut 27 km weit. Ein hochtrainierter junger Mann schafft mit einem 4:30-min/km-Tempo aber 40 km.

Mein besonderer Tipp: "Lass dir bitte nicht von jemanden flüstern, der sich gut mit deinem inneren Schweinehund versteht, dass 30 km auch schon ausreichen. Das ist in keinem Fall genug!"

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Peter Greif

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