Kapitel 1: Countdown zur Bestzeit (Seite 11-14)
Der Bestzeitplan, in überarbeiteter Form mit neuen Einheiten!
"... garantiert nichts für 2-min-Eier"
Als ich 1986 eine Anleitung zum Bestzeitentraining schrieb, war ich von der positiven Resonanz vollkommen überwältigt. Immer wieder kamen Nachfragen nach einer aktualisierten Auflage. Dem dauernden Drängen habe ich nun nachgegeben und den kompletten Plan aktualisiert und auf den neusten Stand der Forschung gebracht. Zudem habe ich meine gesamte Erfahrung gebündelt in dieses Konzept mit hineingeworfen. Besonders beim Tapering, also den letzten 14 Tagen vor dem Wettkampf, gibt es neue Erkenntnisse, die in die Überarbeitung mit eingeflossen sind. Eine entscheidende Änderung betrifft die Anzahl und Länge der Trainingseinheiten im Wochenverlauf. Es sind Pausen innerhalb der Woche eingeführt, weil in der Praxis viele Läufer nicht jeden Tag trainieren können. Dafür wurde aber die Belastung an den dann übrigbleibenden Tagen höher angesetzt. Der Umfang ist auch ein wenig reduziert, da viele Läufer den Kilometerumfang der 80er Jahre nicht mehr bewältigen können oder wollen. Du siehst, ich bin etwas altersmilde geworden. Nichtsdestotrotz holt dieser Plan das Optimum aus deinen Reserven heraus. Dieses Prinzip verfolge ich schon seit Jahren mit den Greif Trainingsplänen. Es hat sich bewährt!
Insgesamt ist die Struktur etwas vereinfacht. Zwei Trainingsrhythmen von je drei Wochen wiederholen sich in großen Teilen. Das schafft eine schnelle Sicht auf die Leistungsentwicklung innerhalb dieses Trainingsplans. In früheren Jahren habe ich versucht, die Einheiten möglichst fantasievoll zu gestalten. Das erschien mir sinnvoll, um eine Eintönigkeit im Plan zu vermeiden. Heute ist aber klar, dass jeder Läufer geradezu süchtig danach ist, seine Leistungsentwicklung auch im Training zu erkennen, und am liebsten immer die exakt gleiche Runde läuft, um einen direkten Vergleich zu haben. Die kurzen koordinierenden 200- bis 1000-m-Läufe sind durch Steigerungen innerhalb der extensiven Einheiten ersetzt.
Der eigentliche Text ist aber im großen Ganzen so gelassen, wie er war, weil er für viele eine Art Suchtpotenzial hat. Es lohnt sich trotzdem, ihn erneut zu lesen, wie mir die Zuschriften bestätigen, von Lesern, die sich den Text vor jedem Marathon immer wieder noch einmal durchlesen, um sich zu motivieren und perfekt auf das große Rennen vorzubereiten.
Achtung Bequemläufer: Hände weg von diesem Plan!
Wenn du nicht besonders ehrgeizig bist, nicht das dauerhafte Laufen bei Wind, Schnee und Regen liebst und dir in den Wettkämpfen nicht den Hintern aufreißen willst, dann ist die nachfolgende Lektüre nichts für dich. Bleib bei deinem Freizeitlaufstil und tu was für deine allgemeine Gesundheit, dass dich auch befriedigen wird.
Wenn du aber zu den Läufern gehörst, die brennen, die nach besseren Zeiten lechzen, die die Herausforderung lieben und den Holger lachend weit hinter sich lassen wollen, dann ist dieser Plan auf dich zugeschnitten wie dein bester Wettkampfschuh. Doch auch wenn du dich jetzt angesprochen fühlst: Pass auf! Denn alles, was du über diesen Plan von deinem Kumpel an Horrornachrichten gehört hast, stimmt: „Dieser Plan ist hart, fordert viel und ist extrem gefährlich – besonders für deine Bestzeiten und für Holger, der dir hinterherhechelt. Aber sei sicher, wenn du dich ihn anvertraust, wird er dich zum sicheren Erfolg auf den 42,2 Km führen.“
Minimalinvasives Training?
Obwohl sich die Prinzipien des Planes nicht geändert haben, ist mir bei der Überarbeitung aufgefallen, dass sich in den vergangen 20 Jahren doch etwas Grundlegend getan und sich eine klare Gegenbewegung zum engagierten Training etabliert hat. Viele von uns verfolgen jetzt das Ziel, einen Marathon mit einem minimalen Einsatz von Training zu laufen. Welches heißt: Hauptsache, ich schaffe meinen Marathon – die Zeit ist egal. Trifft das auch auf dich zu, dann bist du hier nicht an der richtigen Stelle.
Hier geht es um Leistungssport, knallharten Leistungssport!
Darum warne ich dich nochmal: Es gibt wohl in der deutschen Marathonszene keinen Plan, der einen solch hohen Anspruch hat. Die folgenden acht Wochen kannst du nicht so einfach und lässig >> vor dich hin trainieren <<. Du musst dein Bewusstsein schon auf die kommende Aufgabe einstellen. Du musst brennen für dein Ziel und diesem deinen Alltag unterordnen. Ich will dir erklären, warum das bei meinem Trainingsplan so ist, obwohl die anderen Pläne das nicht verlangen.
Ein historischer Rückblick
1986 war die Intention für die Entwicklung des Countdowns ein Elitetraining auch für ambitionierte Volksläufer machbar zu machen. Alle anderen damals bekannten Trainingsanweisungen liefen nach dem Motto ab: für die Schnellen das Spitzentraining und für die Langsamen ein unterfordertes drittklassiges Training. Dieses Prinzip wollte mir nicht in den Kopf. Warum sollte ein 3-h-Läufer weniger Ansprüche an ein Training stellen als ein 2:10-Läufer?
„Jeder kann doch für sich entscheiden, ob er den geforderten Aufwand eingehen will oder nicht.“
So entstand diese Trainingsanweisung für ehrgeizige und ambitionierte Läufer, die bereit waren, sich trotz vergleichsweise geringer Möglichkeiten in ein hartes Leistungstraining zu begeben. Die Umsetzung dieser Idee war eine Erfolgsstory. Sie hat mir zwar auch viel Kritik eingebracht, besonders von denen, die nicht die nötigen Härten eingehen wollen oder können, lästern ohne Unterlass. Wenn du bei dieser Personengruppe an 2-min-Eier denkst, kann ich dich nicht daran hindern. Menschenschinder und Sklaventreiber sind noch die harmlosesten Bezeichnungen aus dieser Richtung. Aber lassen wie sie lästern, irgendwie meckern sie über sich selbst. Damit wir uns recht verstehen: „Ich schaue keineswegs auf die herab, die ihren Marathon nur durchlaufen wollen. Wer das schafft, ist ohne Ausnahme jemand, der meine Bewunderung hat!“
Mir gehen nur die Feuchtpapier-Zerreißer, Wellness-Läufer und Schweißvermeider auf den Senkel, die alles wissen, alles wollen, die das ganze Jahr mittelmäßig gute Zeiten laufen und deren Wettkampf.Big-Points sich aber in der Größe von einem Nanopartikel nur unwesentlich unterscheiden. Die aber dennoch bei jedem Training dafür plädieren, dass >> Greif-Training << viel zu hart ist. Diese Leute haben wirklich Recht! Es ist zu hart, genau für Ihre Personengruppe!
Es ist das Wesen des Sports, dass man sein Bestes gibt. Um das zu geben, muss man auch bereit sein, dafür zu kämpfen. Und dieser Kampf verlangt dieser Plan von dir und den verlange auch ich. Aber bin ich deswegen ein harter Trainer? Und ist „harter Trainer“ wirklich eine Beleidigung oder nicht viel eher eine Auszeichnung ?
Der Greif ist ein >> Schleifer! <<
Aber wie auch immer, den Ruf habe ich weg. Heute pflege ich diesen geradezu. Obwohl da Geschichten im Umlauf über mich und meine Methode sind, die sind genauso unwahr wie amüsant. Da ist einigen Leuten anscheinend die Fantasie durchgegangen…
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Peter Greif