Wie im Newsletter "Rückblick auf die Frühjahrssaison" zu lesen, lief das Frühjahr für mich wie am Schnürchen. Die aus dem normalen Training heraus gelaufenen 10 Kilometer Tempodauerläufe endeten fast jedes Mal mit einer neuen persönlichen Bestzeit und auch der Halbmarathon im Rahmen des Marathonjokers, endete beim Hannover Halbmarathon mit einer deutlichen Bestzeit.
Der darauf folgende Marathon war jedoch ein 53km langer Landschaftslauf mit ca. 1300 Höhenmeter. Trotz sommerlicher Temperaturen konnte ich diesen Lauf in 3:53 Std als Erster und mit über 10 Minuten Vorsprung zum Zweitplatzierten gewinnen. Bei einem 2 Wochen später folgendem 10 Kilometer Wettkampf, konnte ich als gesamt Zweitplatzierter und einer tiefen 34er Zeit erneut aufs Podium und neuer Bestzeit laufen.
Die nachfolgenden Tage sind für mich immer die härtesten Wochen im ganzen Jahr, denn ab Mai wird an der Geschwindigkeit gefeilt. Und ab diesem Zeitpunkt erreiche ich meine Pacevorgaben im Trainingsplan fast gar nicht mehr.
„Wenn es euch genauso geht, lasst den Kopf nicht hängen und lauft die Einheiten so gut es geht, sie machen euch trotzdem schneller und stärker. Jeder Läufer*innen hat seine Stärken und Schwächen!“
Ich für mich weiß zumindest, dass ich unter 10 Kilometer keine Wettkämpfe laufen brauche, da mir die flinken Beine für gute Resultate fehlen - doch dafür laufe ich mit meiner eher mittelmäßigen 10 Kilometerzeit einen ganz guten Marathon!
Nach einem Berglauf Mitte Juni, beschloss ich aufgrund der schwindenden Leistung und des mäßigen Erfolgs zwei Wochen früher in die Sommerpause zu starten, auch weil mein Herbst-Highlight der Berlin Marathon werden sollte. Und so startete ich in die Herbstvorbereitung zwei Wochen früher wie vorgegeben. Trotz der sehr warmen Temperaturen war ich nach ein paar Tagen und Einheiten schon wieder auf Frühjahrs Niveau und bis zum Marathon waren es noch etwa 6 Wochen um mich weiter zu steigern.
Doch dann musste kommen was kommen muss. Nach gut 2,5 Jahren die ich verschont geblieben war, erwischte mich Covid-19… „Und das in der heißesten Phase der Vorbereitung.“ Das Resultat bestand darin ca. 10 Tage gar nicht zu laufen und einen viel zu hohen Belastungspuls bei lockeren Einheiten zu haben. Folge dessen änderte ich den Joker zum Frankfurt Marathon Ende Oktober um.
Aber was war jetzt mit dem Berlin-Marathon?
Verschieben und nicht Laufen kam aufgrund des hohen Startgeldes nicht in Frage, verkaufen ist nicht möglich. „Na dann laufe ich halt 2 Marathon in 5 Wochen!“ Den Marathon in Berlin als Trainingslauf und den in Frankfurt Vollgas. Der Plan war geboren, zumindest in der Theorie. Die Pace für Berlin hielt ich mir bis zuletzt offen und beobachtete von Tag zu Tag, je nachdem wie ich in Schwung kommen würde und sich der Puls verhält. Letztendlich legte ich mich vor dem Start des Laufs auf eine 2:45 Std als Zielzeit fest, dieses sollte in meiner aktuellen Form zwar flott aber nicht übermäßig überfordernd sein.
Die erste Hälfte verging wie im Flug und es deutete sich eine 2:44 Std an. Als die Beine nach 30 Kilometer immer noch locker waren, plante ich das Tempo zu verschärfen und eine neue PB zu laufen. Somit konnte ich die Zeit auf eine 2:42 Std drücken. „WOW dachte ich mir, dass Gefühl in der Phase des Rennens noch komplett frisch zu sein und zig Läufer zu überholen war unbeschreiblich, da zahlen sich die vielen langen Läufe im Plan aus!“
Die folgende Woche konnte ich sogar schon wieder die vollen Umfänge laufen, nur die Tempo Einheiten habe ich weggelassen, dafür sollte 8 Tage später ein vermessener 10er gelaufen werden um ggf. an der Steuerzeit noch etwas zu Feilen. Was soll ich sagen, die Strecke war mit zwei Anstiegen und zwei 180 Grad Wende-Punkten eine Katastrophe, dazu Wind und doch noch müde Beine, die Endzeit war jetzt nicht der Rede wert, hat aber immerhin fürs Podium gereicht.
Ab jetzt war der Fokus voll und ganz auf Frankfurt gerichtet und siehe da, die Form stieg und stieg. Ich konnte zwar bei keiner langen Runde meine angepeilte Marathonpace in der Endbeschleunigung laufen, aber wer kann das schon im Training? Geplant war mindestens eine 2:39 Std zu laufen mit einer Pace von 3:45min/km. Als der letzte 17 Kilometer Tempodauerlauf kurz vor der Tapering Phase anstand, traute ich meinen Augen nicht. Die Uhr zeigte samt einen km einlaufen eine Pace von 3:42 an - welch phänomenale Form dachte ich, aber das Tempo ist mir für den Marathon zu hoch und zu riskant. Das Tapering lief soweit ganz gut und ich habe trotz vermindertem Laufumfang kaum an Gewicht zugelegt, sodass ich super vorbereitet war.
Nun ist er endlich gekommen, der Frankfurt Marathon. Nach viel zu schnellem Beginn, weil das GPS in der Stadt eine Katastrophe war (10k in < 37min), versuchte ich das Tempo halbwegs zu halten, eine weitere Tempoverschärfung schloss ich aus, auch weil das Wetter viel zu warm war. Zum Start schon 16 Grad und Sonne satt. Bis Kilometer 30 hatte ich immernoch eine Durchschnittspace von ca. 3:40min/km (soviel dazu das mir das Tempo zu riskant war vom 17k Tempodauerlauf :-D), danach beginnt ja erst so ein Marathon und ab diesem Zeitpunkt bekam ich Magenkrämpfe und Atemprobleme. Bei Kilometer 32 schnell gerechnet bzw. überschlagen, eine 4er Pace reicht noch zu einer 2:40 Std, dass sollte doch irgendwie zu schaffen sein dachte ich. Glücklicherweise konnte ich die restlichen Kilometer ohne weitere Beschwerde und einer Pace von 5-10 Sek. langsamer als bisher weiterlaufen. Ein weiteres Gel wollte ich meinem Magen aber fortan nicht zumuten und Kräftemäßig war bis dato auch noch alles okay, zumal ich im Training die Endbeschleunigungen immer ohne Verpflegung gelaufen bin. Die knapp 22 Grad Lufttemperatur machte aber komischerweise selbst den afrikanischen Eliteläufern zu schaffen, ein Hitzerennen in Frankfurt ist aber auch ungewöhnlich, meist ist wenn der Wind das Problem…
…Die letzten Meter auf dem roten Teppich zum Zieleinlauf in die dunkle Festhalle der Messe, die jubelnden Zuschauer ließen alle schmerzen und Strapazen vergessen, noch dazu mit einer neuen Bestzeit von 2:37:38 Std.
Und nun? Was macht man jetzt mit der MEGA-Form?
Ich für meinen Teil bin froh jetzt direkt in die Off-Season überzugehen und mich vor allem Mental zu erholen. Ich laufe zwar unheimlich gerne und muss mich selten bei 7 Trainingstagen die Woche dazu zwingen in die Sportkleidung zu springen, aber zum einen ist selbst bei mir die Luft irgendwann raus und zum anderen weiß ich, als langjähriges Greif-Mitglied, das 4 Wochen "Pause" wahre Wunder bewirken und unter normalen Umständen die Form im späten Winter schon wieder auf einem höheren Niveau sein wird, als sie es jetzt gerade ist.
Mein Frühjahrs Highlight für 2023 wird der Hannover Marathon sein, den ich mit einer Zeit um die 2:35 Std finishen will. Auch will ich den 10er unter <34min laufen.
„Als kleiner Rückblick, angefangen habe ich im Winter 2019 nach den Greif Plänen zu trainieren, im April 2020 folgte meine damals langersehnte Marathon Bestzeit mit 2:49 Std. Gute 2,5 Jahre später mit strukturiertem Jahrestraining laufe ich einen Marathon 12 Minuten schneller, das sind 17 Sek pro Kilometer, ich kann es immer noch kaum glauben. Ich bin immernoch voll und ganz von dem Konzept überzeugt, und kann es jedem nur empfehlen über 1 Jahr auszuprobieren. Ein anderer positiver Nebeneffekt, ich hatte in den letzten 2,5 Jahren nicht eine Verletzung bzw. Krankheit vom Laufen mit der ich hätte pausieren müssen!“
Auf ein neues und erfolgreiches Laufjahr 2023!
Sebastian Jägerfeld
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Sebastian Jägerfeld