Kapitel 1: Countdown zur Bestzeit (Seite 17-20)

Marathon: Ein magisches Wort,

bei denen manche glasige Augen und einen verträumten Blick bekommen und andere die nackte Panik. Da du sicherlich zu der ersten Gruppe gehörst, freue ich mich, dich bei der Bewältigung dieser Aufgabe zu unterstützen.

Marathon ist ein Abenteuer, eine moderne Herausforderung. Ein nicht alltäglicher Anspruch an deinen Körper und deinen Geist. Ein optimal gelaufenes 42,2-km-Rennen kann dein Selbstwertgefühl um eine ganze Klasse anheben. Wenn du dich nun auf solch ein Abenteuer vorbereitest, bekommst du von den wohlmeinenden Trainingstipps, Büchern, kluge Ratschläge, Schulterklopfen und aufmunterndes „Du schaffst das schon“. Dann gibt es da aber auch noch eine andere Partei, die der Unangenehmen, Unsportlichen und Neider. Das Sammelbecken der Vollgefressenen und Verständnislosen. Dazu gehören auch die Menschen, die dir genau den Unterschied zwischen einer Gauloises und einer Davidoff erklären, und die Sorte Freunde, die Whiskymarken schon am Atem ihres Gegenübers erkennen können. Besonder widerwärtige Zeitgenossen aber sind die Typen, die dich und dein Vorhaben völlig ignorieren.

Marathon das Abenteuer

Alle diese lieben Menschen haben eins gemeinsam, sie wissen über den Sport alles und zieren sich nicht, dir als Antwort auf dein Streben nach höheren Zielen beizubringen, dass sie auch sehr sportlich sind, aber nur auf „kurz“ Leistung bringen. Dann ziehen sie die tief unter den Bauch gerutschte Hose hoch, nehmen einen tiefen Schluck aus dem Bierglas, wischen sich den Schaum aus dem Bart und erwähnen ganz beiläufig, dass sie jederzeit noch in der Lage sind, die 100 m unter 12 sec zu laufen. Dir bleibt nur die zaghafte dahingeworfene Antwort, dass deine 3:10 über 42,2 km nun auch nicht das schlechteste ist.

„Zu den 12 sec auf 100 m fällt mir noch eine Anekdote ein: Genau so ein Menschentyp, wie der oben beschriebene, war ein Flurnachbar in unserer ersten Wohnung 1973 in Berlin. Dieser war Polizist, wie er immer sagte: Kriminalbeamter, mittelgroß, mit mindestens 5 kg Übergewicht gesegnet und einem krankhaften Alkoholkonsum. Und dieser Mensch mit Name Bernd, sang mir von seinen sportlichen Erfolgen bei der Polizeiausbildung vor. 17 m die Kugel und knapp unter 11 sec die 100 m. Der machte mir immer wieder klar, dass ich in beiden Disziplinen absolut keine Chance hätte, weil ich ein Langstreckler war, zu wenig Muskeln hätte und einfach zu langsam sei…

Dieses Lied sang er mit immer und immer wieder zu. Zufällig las ich, dass ganz in der Nähe von unserer Wohnung die Möglichkeit zu einer Sportabzeichen Abnahme möglich war. Er, der „Spitzenathlet“ willigte sofort ein, als ich eine Teilnahme vorschlug. Ich war zuerst mit dem Kugelstoßen dran, 10,52 m waren ok. 9 m waren gefordert. Dann kam Bernd: 7,36 m!!! Seine Ausrede: „Der Ring war zu glatt für mein Gewicht“. So kam ich dann in die erste von vier Gruppen zum 100-m-Lauf, Bernd in die vierte. Mein Resultat: 11,8 sec auf der Aschebahn.“ Der machte schon ein ganz dummes Gesicht und da im letzten Lauf noch eine Bahn frei war, lief ich noch einmal mit, um ihn motivieren. Beim Start lief er los wie eine Dampflokomotive, ich konnte in einem flotten Dauerlauftempo neben ihm herlaufen. Als er dann schließlich mit deutlichem Abstand letzter war, stürzte er nach 50 m. Ohne seine blutendes Knie zu beachten, ging er zu seiner Tasche und verließ sofort den Sportplatz. Nie wieder sang er mir das Lied von seinen sportlichen Erfolgen vor.“

Diese Anekdote habe ich dir zu deinem Trost geschrieben, wenn dich wieder einmal jemand volllabert, denn fast alle Menschen überschätzen ihre sportlichen Fähigkeiten. Du wirst sehen, wenn du in eine solche Diskussion kommst, dann folgt mit gerunzelter Stirn und ganz präziser, tödlicher Sicherheit die Frage: „Was ist denn Weltrekord“… Du murmelst was von 2:03 und fühlst dich unbehaglich. Na ja, irgendwann checkt dein Partner dann, dass das ja mehr als 1 h Different zu einer Zeit ist. Je nach Charakter wird er dich jetzt bemitleiden oder auslachen. Auf jeden Fall sitzt er oben auf und grinst. Egal was passiert, du bist frustriert und lenkst das Gespräch erst einmal auf ein anderes Thema.

Doch der Stachel sitzt und das Gift beginnt zu wirken. Wenn du den Ort des Geschehens verlässt, ballst du die Faust wie Boris Becker, krempelst im Geiste die Ärmel hoch und schwörst dir insgeheim, es ihnen allen zu zeigen, wenigstens die zwei muss vor dem Doppelpunkt stehen. Darauf gibst du deinem Gesicht einen entschlossenen Ausdruck, der jeden Hollywood-Wildwesthelden vor Neid erblassen lassen würde, knirschst ,it den Zähnen und versetzt der Tür beim Rausgehen zum Nachdruck noch einen kräftigen Tritt. Spätestens jetzt ist der Vorsatz geboren, es den Bierbäuchen zu zeigen. Entschlossen gehst du ins Bett und weißt, dass du am nächsten Tag mit dem Training beginnen wirst.

Ab morgen geht es rund!

Aus solchen und aus tausend anderen Dingen des täglichen Lebens, aus den verborgenen Gründen unserer Seele und aus unserem natürlichen Aggressions- und Jagdtrieb schöpfen wir die Motivation zur Leistung. Wobei ich wirklich niemanden unterstellen will, seine Motivation durch Umstände, wie die oben angeführten, erhalten zu haben. Dies war nur ein Beispiel einer ganzen Palette von Möglichkeiten, die von der anzustrebenden Hebung des Selbstwertgefühls bis hin zum reinen Geltungsbedürfnis geht. Wenn du versuchst, deinen eigenen inneren Wert mit dem geplanten Wettkampf zu heben, dann bist du auf dem richtigen Weg. Du wirst dich nach erfolgreichem Wettkampf auch an andere schwierige Dinge deines Lebens wagen, vor denen du dich bisher gefürchtet hast.

Motivation und Leistung

Um diese zwei eng zusammenhängenden Dinge geht es in dieser Trainingshilfe. Ich möchte dir zeigen, wie es möglich ist, innerhalb von acht Wochen die optimale Form für der dein Marathonrennen zu erreichen. Dies ist kein klassischer Ratgeber, der sich vornämlich an Gesundheitssportler und Laufphilosophen wendet. Ich schreibe diesen Plan für Sportler mit „Power“, die Leistung bringen wollen. Wobei ich die Erstgenannten in keiner Weise abwerten will. Denn Leistung scheidet Gesundheit und Philosophie nicht aus. Überschneidungen in der läuferischen Zielsetzung zeigen dies täglich.

… nicht für den ersten Marathon!

Voraussetzung für den garantierten Erfolg ist, dass das geplante Rennen nicht dein erster Marathon ist und dass du vorher mindestens ein Jahr, besser zwei bis drei Jahre, regelmäßig intensiv trainiert hast. Dabei ist es völlig belanglos ob du nun 3:45 oder 2:20 läufst, on du 18 oder 50 Jahre alt bist. Läufst du aber in der Gegend von 4 h oder hast dich noch nie an so eine lange Strecke rangetastet, ist es sicher nicht sinnvoll, das folgende Programm durchzuziehen. Erspar dir den Frust und trainiere weiter dein normales Programm, ergänze es durch Tempoläufe und erhöhe langsam die Intensität. In diesem Bereich genügt es, wenn du lange Dauerläufe machst, diese verbessern deine Leistung vorerst schnell genug. Auch wer als Senior schon den 60ern entgegenstrebt, kann nur noch in Ausnahmefällen ein solch hartes Programm leisten. Hier wird bei den meisten die Orthopädie nicht mehr mitmachen. Wiederum muss ich gestehen, dass mein Vereinskamerad Hans Schüttler dieses Training bis weit in ein Alter von über 70 Jahren ausgehalten hat. Und dies mit Erfolg: zweimal hintereinander deutsche Vizemeister im Marathon und mit einem M70-Rekord von 3:18 h…

Hans Schüttler

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Peter Greif

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